Die Idee
Wir schreiben das Jahr 1986. Die österreichische Wirtschaftslage beginnt sich zu verschlechtern, die Konjunktur schwächelt, vor allem die kleineren und mittelgroßen Firmen spüren einen langsam stärker werdenden Gegenwind. Eine Lobby, die helfend eingreift, haben nur die Großen – die Kleinen, eigentlich das Rückgrat der Volkswirtschaft, lässt man im Regen stehen. Die Lage ist unerfreulich – guter Rat ist teuer.
Da ergibt es sich, dass ein Dutzend kleinere Firmen aus den unterschiedlichsten Branchen – alle in Wien situiert - miteinander ins Gespräch kommen. Und ein junger Wirtschaftstreibender namens Dr. Konrad Schmidt hat die zündende Idee – oder eigentlich zwei Ideen! Zunächst eine sehr einfache – er erkennt, dass viele Kleine zusammen so stark sind wie ein Großer. Oder vielleicht noch stärker, weil Ideen und Erfahrung Vieler in einer gemeinsamen Anstregung fokussiert werden können.
Um die zweite Idee des Dr. Schmidt zu verstehen, müssen wir ein wenig in die Vergangenheit zurückblicken. In einer – allerdings weit schlimmeren – Rezession als 1986, Anfang der Dreißigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, wagt ein Bürgermeister aus der Tiroler Ortschaft Wörgl ein verzweifeltes Experiment: Aus einer theoretischen Überlegung des Ökonomen Silvio Gesell macht Michael Unterguggenberger – so hiess der Wörgler Bürgermeister – eine lokale, wirtschaftliche Sensation, die später unter dem Namen „das Wunder von Wörgl“ weltweite Beachtung findet. Statt mit dem herkömmlichen Schilling, der gehortet wird, um Zinsen zu bringen und so der Volkswirtschaft entzogen wird, druckt er kleine bunte Scheine mit verschiedenen Notationen (fünf Schilling, zehn Schilling usw), die von den mitwirkenden Kleingewerbetreibenden angenommen werden. Da dieses „Geld“ - Schwundgeld genannt – jeden Monat um 10% Wert verliert (außer man gibt es aus) sind die Menschen gezwungen, das Geld im Umlauf zu halten. Kaum hat man es verdient, gibt man es wieder aus – weil Sparen nichts bringt. Und so kauft der Bäcker beim Schuster, der Schuster beim Greissler und der Greissler wieder beim Bäcker. Das Geld bleibt im Umlauf, jeder hat was er braucht und vor allem Arbeit. Die Arbeitslosigkeit – die Geissel jener Tage – wird in Wörgl (und nur dort) immer geringer. Die Österreichische Nationalbank verbietet schließlich das „Schwundgeld“ weil nur die Nationalbank Geld drucken darf und macht damit einer gelungenen wirtschaftlichen Revolution den Garaus.
Das Experiment
Wir sind wieder im Jahre 1986 und das „Wunder von Wörgl“ will Dr. Schmidt nicht aus dem Kopf gehen. Zusammen mit dem ersten Grundgedanken - dem Zusammenschluss von kleinen und mittleren Firmen - müsste sich diese Idee doch wiederbeleben lassen. Allerdings – um eine Erfahrung reicher – ohne „Schwundgeld“ oder Ähnliches. Eine Verrechnungsstelle könnte das Kunstgeld ersetzen, so meint er – und abc markets war geboren! Die ersten 15 Firmen gab es ja bereits – und so kaufte eben die Werbeagentur bei der Druckerei, die Druckerei beim Autohändler, der Autohändler beim Elektriker usw. - und die Kaufkraft blieb in der Gemeinschaft.
In der Mitte sitzt – wie heute - die Verrechnungsstelle und führt ein virtuelles Konto (das sogenannte Clearingkonto) aller Beteiligten. Da es keine Zinsen gibt, bleibt das Geld – oder, wie wir sagen, das Guthaben – im Umlauf und produziert Arbeit am laufenden Band. Die Umsätze und dadurch auch der Gewinn der beteiligten Firmen steigen. Wer aktiv mitmacht, Einkauf und Verkauf forciert, erlebt einen wirtschaftlichen Aufschwung - er kann seine Kapazitäten besser ausnützen - ähnlich dem damaligen „Wunder von Wörgl“ - nur ohne das bekannte bittere Ende, da mittlerweile alle rechtlichen Rahmenbedingungen fix geregelt sind.
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